Weilling Land und Leute — Ein Bauernroman von Max Maetz

Bühnenpartner

Maria Hofstätter , Rezitation

Besetzung

Peter Gillmayr — 1. Violine
Kathrin Lenzenweger — 2. Violine
Alvin Staple — Kontrabass

Zur Literatur

1972 erschien der “Bauernroman. Weilling Land und Leute”, verfasst vom Linzer Schriftsteller Karl Wiesinger.

Geboren 1923 wuchs Wiesinger in einem kleinbürgerlichen Elternhaus in Linz auf. Zwischen 1934 und 1938 besuchte er das Stephaneum in Bad Goisern, wo er seinen späteren Freund, den kommunistischen Schriftsteller, Politiker und Journalisten Franz Kain kennenlernte.

1941 wurde der junge Wiesinger zur Wehrmacht eingezogen, wo er mit gleichgesinnten Kameraden mehrfach Sabotageakte verübte. Die widerständischen Soldaten wurden erwischt, inhaftiert und in erster Instanz zum Tode verurteilt, in zweiter Instanz freigesprochen.

Nach Wiedereintritt in die Wehrmacht fiel Wiesinger bei Flakhelfereinsätzen im Salzkammergut wieder durch „subversive Tätigkeiten“ auf und wurde abermals inhaftiert. Infolgedessen musste er im oberösterreichischen Wels eine Gefängnisstrafe antreten. Während des Aufenthalts erkrankte er schwer an Tuberkulose.

Die Erfahrungen mit dem Krieg und den Nationalsozialisten hatten Wiesinger zu einem überzeugten Kommunisten gemacht. Er trat nach Kriegsende der KPÖ bei und publizierte in der von der Partei in Linz herausgegebenen “Neuen Zeit” seine literarischen Arbeiten.

Es sind vor allem Romane und Theaterstücke, in denen sich Wiesinger mit aktuellen sozialen und politischen Themen auseinandersetzt.

1964 und 1968 erhält er vom Land Oberösterreich jeweils den Theodor-Körner-Preis und 1981 den Ehrentitel „Professor“ verliehen. Der literarische Durchbruch gelang Karl Wiesinger erst nach der Veröffentlichung seines “Bauernromans”.

“Für seine linken politischen Romane, die Österreichs Geschichte im 20. Jahrhundert zumeist aus der Sicht der widerständigen, kommunistischen Arbeiterschaft beleuchteten, hatte Wiesinger zuvor keinen Verlag in Österreich und der BRD gefunden. Doch nach der Aufdeckung des Pseudonyms Max Maetz rückte er mit einem Mal vom Schatten ins Licht des Betriebs und erhielt in der Folge die anerkennende Aufmerksamkeit von bekannteren Kollegen wie Ernst Jandl, Peter Turrini oder Michael Scharang”, heißt es im Klappentext der aktuellen Neuauflage des Buches.

Zum Inhalt

Im Oberösterreich der 1970er Jahre gab es noch kein Kabelfernsehen. Die Menschen am Land saßen vor ihren Häusern und sprachen mit vorbeigehenden Nachbarn, erzählen sich gegenseitig Tratsch. Wer welchen Traktor gekauft hatte, wer mit dem Traktor wohin gefahren ist, wer unter den Traktor gekommen ist.

Die spektakulärsten Live-Acts waren das Feuer-Schauen und das Unfall-Schauen. Gemeinsam fuhr man in den Nachbarort, wenn dort ein Bauernhaus nach einem Blitzeinschlag niederbrannte und fuhr erst heim, wenn die Feuerwehr nur noch die letzten glosenden Balken zum Erlöschen brachte.

Bei Max Maetz spazieren die Bauern während der Arbeit zum blekboint, einer unfallreichen abschüssigen, nach außen hängenden Autobahnkurve und warten auf den nächsten Unfall…

Zur Musik

Da der Roman im sogenannten „Brucknerland“ um St. Florian verortet ist, bestreitet man die musikalische Umrahmung in der historischen Besetzung der sogenannten „Linzer Geiger“ (2 Violinen & Kontrabass). 

Dass Anton Bruckner bei seiner ersten Anstellung als Hilfslehrer in Windhaag bei Freistadt in genau dieser Besetzung als 2. Geiger mit Freunden zum Tanz aufgespielt hat, ist historisch ja belegt. Einige dieser Landler konnte man der Vergessenheit entreißen und werden an diesem Abend dargebracht.

Das Spektrum der Musik erweitern vom Ensemble bearbeiteten volksmusiknahen Sequenzen aus Anton Bruckners großen Werken.

Als Proponentin dieses Abends konnte Ideengeber Peter Gillmayr die ebenfalls aus Oberstösterreich stammende Schauspielerin Maria Hofstätter gewinnen, die diesen Text auch dramaturgisch bearbeitet.

Die Premiere dieser Produktion wird im Rahmen der Sonderreihe „AntonBrucker200“ im Atrium Bad Schallerbach stattfinden.

Maria Hofstätter

Maria Hofstätter (* 30. März 1964 in Linz) ist eine österreichische Film- und Theaterschauspielerin.

Seit 1983 tritt Maria Hofstätter an verschiedenen österreichischen und deutschen Bühnen als Schauspielerin auf und wirkte in zahlreichen Filmen und Kabarettprogrammen mit. Seit 1995 leitet sie gemeinsam mit Dietmar Nigsch das Projekttheater Vorarlberg in Feldkirch.

Als Filmschauspielerin trat sie erstmals in Paul Harathers Tragikomödie Indien in Erscheinung. Ihren Durchbruch feierte sie schließlich 2001 als Autostopperin Anna in Hundstage von Ulrich Seidl. Für die Rolle erhielt sie den Spezialpreis der Jury bei den Internationalen Filmfestspielen in Gijón.

Mit Import Export und den Filmen der Paradies-Trilogie setzte sie die Zusammenarbeit mit Ulrich Seidl fort. In Paradies: Glaube übernahm sie dabei die weibliche Hauptrolle als fanatische Katholikin Anna Maria.

Hofstätter war eine der fünf Protagonisten der wöchentlichen ORF-Satireradiosendung Welt Ahoi!, die von Ö1 von November 2009 bis Dezember 2010 ausgestrahlt wurde.

Mit Produktionen des Projekttheaters Vorarlberg gastiert sie regelmäßig beim biennalen Kulturfestival Walserherbst im Großen Walsertal.

2020 übernahm sie an der Seite von Aleksandar Petrovi? die Rolle der resoluten Gefängnislehrerin Elisabeth Berger im Spielfilmdrama Fuchs im Bau von Arman T. Riahi. Für ihre Darstellung wurde sie im Rahmen der Verleihung des Deutschen Schauspielpreises 2021 in der Kategorie Schauspielerin in einer Hauptrolle ausgezeichnet.

Stimmen

„Maria Hofstätter im Posthof: Literarischer Schabernack im Brucknerland

Ein vielschichtiger Abend im Großen Saal des Posthof am Dienstag. Die in Linz geborene Maria Hofstätter hat als Schauspielerin die Kraft, zwei Welten, die zunächst nichts miteinander zu tun haben, so zu verbinden, als könne es gar nicht anders sein. Da gibt es zum einen den Literaturskandal aus 1972 um den Schriftsteller Max Maetz und seinen autobiografischen Bauernroman „Weilling-Land und Leute“, zum anderen geht es um Musik von Anton Bruckner. Den fiktiven Bauern prägt wie auch Brucker die fruchtbare, reiche Landschaft um St. Florian. Zentrum des Romans ist Weiling, eine aus zwei Vierkanthöfen bestehende Siedlung bei St. Florian, und eine „unverstellte Schilderung des Landlebens“.

Der bis dahin recht erfolglose Autor Karl Wiesinger (1923–1991) erregte 1972 unter dem Pseudonym Max Maetz die Aufmerksamkeit der Autorenschickeria um Turrini, Jandl und Artmann. Als man nach Maetz zu suchen begann, veröffentlichte er gleich darauf seine Todesanzeige. Der brennende Antifaschist, NS-Widerstandskämpfer und Kommunist machte sich so über den Literaturbetrieb lustig. Die etablierten Literaten fühlten sich gepflanzt, und Wiesinger blieb so erfolglos wie zuvor.

Aus dem Roman ohne Punkt und Komma, Groß- und Kleinschreibung, liest Hofstätter, als diskutierten lebendige Menschen auf dem Kirchplatz, am Acker oder in der Kammer.

Linzer Geiger mit und ohne den Meister

Neben Hofstätter stimmt auf der Bühne das Linzer Geiger Trio gleich zu Beginn ein wie Filmmusik klingendes Musikstück an. Es stammt aus Bruckners Sinfonie Nr. 6 „Majestoso“, arrangiert vom Kontrabassisten Alvin Staple.

Zwischen den sarkastischen Betrachtungen des oberösterreichischen Bauernlebens der 70er folgen Bruckners Romantische, das Te Deum oder Locus Iste, dazu Polkas und Landler, zu spannenden Klangbildern verdichtet mit Kontrabass und zwei Violinen (Kathrin Lenzenweger und Peter Gillmayr). Das Trio nennt sich ebenso Linzer Geiger, so wie einst Bruckner, der 1841, um sein Gehalt als Lehrergehilfe in Windhaag bei Freistadt aufzubessern, als zweiter Geiger bei der Tanzkapelle Linzer Geiger aufspielte.

Wo Bruckner und seine Geiger-Epigonen Landler und Polkas aussäen oder virtuos Sätze aus den berühmten Sinfonien auf ihren drei Instrumenten verdichten, ergeht sich der Schriftsteller Wiesinger in bitterem Sarkasmus „Gescheit bis zum Idiotismus, heimtückisch bis zur Ehrlichkeit, harmlos bis zur Gefährlichkeit“.

Als Abwechslung im Alltag beschreibt er Sonntagsausflüge an jene Stelle in Weiling, wo statistisch die meisten Unfälle passieren, und man mit ein bissl Glück auch wirklich zurechtkommt. Dass es dann die Bäuerin selbst erwischt, ist schon traurig, aber nicht arg, weil das Testament hat sie vorher schon unterschrieben, außerdem hat ihr eh vorm Ehemann gegraust, weil der es als Junger bei einer Kuh probiert hat, normal am Land, meint der Pfarrer.

Da birgt ein simples „Jo eh“ Höchstspannung

Es ist Hofstätters Ausdrucksgewalt, die das schwer lesbare Schriftwerk zur lebendigen ländlichen Gesellschaft macht in einer Zeit, als die sexuelle Befreiung der 68er auch die katholische Bauernschaft beutelte.

Hofstätter legt in ihre Stimme tödliche Lethargie, drunter schwelt alles, was jeden Augenblick explodieren könnte. Da birgt ein simples „Jo eh“ Höchstspannung, aufgefangen von Bruckners Sinfonien und entladen etwa in der Polka „Die besoffenen Weiber“ mit so viel Spielfreude, dass man sich auch musikalisch mitten im Geschehen wähnt.

Das Publikum zeigt sich begeistert vom gottbegnadeten Anton Bruckner und dem Bauern Max Maetz, die Maria Hofstätter mit den Linzer Geigern unlösbar vereint."

— Eva Hammer, Oberösterreichisches Volksblatt, 20.03.2024


„Maria Hofstätter und Peter Gillmayrs "Linzer Geiger Trio" begeisterten im Bad Schallerbach

"Max Maetz: Bauernroman - Weiling Land und Leute" unterhielt am Donnerstag im Bad Schallerbacher Atrium rund 300 Besucher auf bestem Niveau.

Wie lässig und gut temperiert die Schauspielerin Maria Hofstätter diesen niemals zimperlichen Text liest, ist ein Erlebnis. Dazu webt das "Linzer Geiger Trio" mit Peter Gillmayr (erste Violine), Kathrin Lenzenweger (zweite Violine) und Alvin Staple (Kontrabass) eine Art fliegenden Musik-Teppich, der das Publikum mit sensibelst arrangierten (Staple) Bruckner-Miniaturen und Polka-Rhythmen in die landwirtschaftliche Atmosphäre Oberösterreichs der 70er-Jahre fortträgt.

Dieses Schwärmen gilt dem Programm "Max Maetz: Bauernroman - Weiling Land und Leute". Wie die OÖN berichteten, handelt es sich bei dem Text um den verzweifelten Versuch des Linzer Schriftstellers Karl Wiesinger (1923-1991), nach Jahren der Schmähungen endlich Geltung zu erlangen. Mit Max Maetz schuf der Widerstandskämpfer und Kommunist Wiesinger 1972 einen fiktiven Bauersknecht und Autor, der in Kleinschreibung und ohne Interpunktion ebendiesen einerseits hellsichtigen, andererseits grob ordinären Roman publizierte. Maetz wurde bald gefeiert und von Gerhard Rühm sowie H. C. Artmann gewürdigt. Als der Schwindel aufflog, war es mit Wiesingers kurzer Prominenz auch schon wieder vorbei. Mit ihrer klugen Text-Auswahl zieht Hofstätter einen feinen inhaltlichen Bogen von Geburt und Aufwachsen des im Teenager-Alter sexuell auch mit Kühen experimentieren Maetz, über Bauern-Demonstrationen gegen teuren Diesel auf der Linzer Gugl bis zur Hochzeit mit der erotisch so freizügigen wie selbstbestimmten Kadi. Nach deren Autounfall steigt der ursprüngliche Knecht im Bruckner-Land zwischen Ansfelden und St. Florian zum Großbauern auf.

Begeisterter Applaus für diese Produktion, der man gefahrlos eine erfolgreiche Tour durch Österreichs Kulturhäuser prognostizieren kann."

— Peter Grubmüller, Oberösterreichische Nachrichten, 22.03.2024


„Max Maetz ist das Pseudonym für Karl Wiesinger (1923-1991). Als Max Maetz mischte er die literarische Szene durch einen Bauernroman auf, in dem er sich kein Blatt vor dem Mund nahm und keine Scheu vor demaskierender Ehrlichkeit hatte. Er beschreibt die bäuerliche Gesellschaft mit beißender Ironie und hintergründigem Humor, alles in Kleinschreibung, ohne Punkt und Beistrich. Ein „gefundenes Fressen“ – um im Jargon von Max Maetz zu bleiben – für die Schauspielerin Maria Hofstätter. Wer sie aus diversen Filmen wie der Paradiestrilogie von Ulrich Seidl kennt, der weiß, wie gut so ein schräger Text bei ihr aufgehoben ist.

Ort der Handlung: Weilling, ein Dorf mit zwei Bauernhöfen, in der Nähe von St. Florian in Oberösterreich. Max erzählt sein Leben von der Geburt bis zum 27. Geburtstag in Ichform. Schon seine Geburt hat’s in sich: Plumpst er doch aus dem Bauch seiner Mutter, die gerade dabei ist, ihren Ehemann, der den Kriegsdienst verweigerte und von glühenden Nazis auf einen Baum aufgehängt wurde, von diesem herunterzuholen. Dabei hilft ihr der Bauer mit dem Beinamen Vulgo K. Der nimmt Mutter und Kind Max auf seinem Hof auf. Nach dem Tod der Mutter und des Bauern erbt Max den Hof. Später noch den Hof Katharinas, die er das Testament zu seinen Gunsten in der Hochzeitsnacht unterschreiben lässt. Er ist nun Großbauer. Was sich alles in dieser Zeit ereignet, erzählt Max in naiv-ironischer Offenheit. Etwa: Auf der Bauerndemo protestieren die Knechte gegen eine Erhöhung des Dieselpreises, damit sich der Großbauer die Heizung seiner Villa leisten kann. In der Hochzeitsnacht gesteht Max Kathi, dass er es als Bub mit der Kuh getrieben hat. Die Kathi tut empört, aber nach kurzer Zeit ist die Ehe in Butter. Natürlich verzichtet Max nicht auf seine Freundin Susi, die ihn im Stall besucht. Er werkt an ihr, während sie clever und scheinheilig die Ehefrau, die draußen im Garten arbeitet, vom Stallfenster aus fragt, wo denn der Max sei. All das liest Maria Hofstätter mit der „aufrechten“ Stimme eines Max, der am Ende alle mit den Worten „A Bauernhof is ka Puff“ zu mehr Moral ermahnt.

Das Linzer Trio (Peter Gillmayr Violine, Kathrin Lenzerweger Violine, Alvin Staple Kontrabass, der auch für die musikalische Bearbeitung verantwortlich ist) unterbricht an passenden Stellen mit passender, den Text ironisch unterlaufender Musik: Als Max mit Bauer Vulgo an einem „black point“ (eine Straßenstelle, an der besonders häufige tödliche Unfälle passieren) einen Supercrash mit Rettung, Feuerwehr etc erleben, spielt man einen Teil aus Bruckners Te Deum. Nach dem fatalen Geständnis des jungverheirateten Max in der Hochzeitsnacht spielt das Trio einen Teil aus Bruckners „Locus iste“, der besonders tragisch-traurig klingt. Zum Leichenschmaus für die verunfallte Katharina hört man Michael Haydns das Kyrie aus dem Deutschen Hochamt „Hier liegt vor deiner Majestät“ . Dank des aufliegenden Handzettels kann man diese treffende Auswahl nachverfolgen und zum Text passend einordnen.

Begeisterter Applaus für Maria Hofstätter und das Linzer Trio.“

— Kritik zur Premiere im Theater Akzent, 16.02.2024